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Übersteuerungsfestigkeit, Dynamikbereich und Speisespannung
Autor: Gerd Jüngling - Copyright: Alle Rechte vorbehalten
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Speisespannung vs Rauschen

Verändert man die Speisespannung einer analogen Audioschaltung und vergleicht die Werte für die Störspannungen bei den unschiedlichen Speisespannungen, so stellt man fest, dass die Störspannung von der Speisespannung innerhalb gewisser Grenzen praktisch unabhängig ist, bzw. gemacht werden kann. Während bei Verstärkern mit IC's sich dieser Effekt quasi automatisch einstellt, läßt sich bei diskreten Schaltungen das Rauschen durch die Veränderung einiger Bauteilwerte an die Speispannung anpassen, so dass auch hier eine echte Abhängigkeit nicht gegeben ist. Zur Erzielung des maximal möglichen Dynamikbereiches muß man demnach die Speisespannung so hoch wie möglich wählen und dann das Rauschen durch sorgfältige Optimierung der Schaltung, Auswahl von Halbleitern und ähnliche Massnahmen minimieren.

Hat man dies getan, so gilt es natürlich alle Massnahmen zu vermeiden, die diesen Dynamikbereich später wieder reduzieren.

Dies wird zum Beispiel von einer Reihe von Herstellern gemacht, deren diskrete Schaltungskonzepte auf sehr niedrige Speisespannungen begrenzt sind. Wie wir oben gesehen haben, haben wir bei einer Versorgungsspannung von 30 Volt nur einen Aussteuerungsbereich von nominal + 21.5 dBu zur Verfügung. Um mit einem solchen Speisespannung nun aber Pegel von + 30 dBu verarbeiten zu können, muß man den gesamten Arbeitsbereich um ca. 9 dBu 'nach oben schieben'. Dies läßt sich durch Übertrager erreichen, wenn diese mit einem entsprechenden Übersetzungsverhältnis von 2.82 zu 1 den Eingangspegel absenken und am Ausgang der Schaltung durch einen weiteren Übertrager mit einem Übersetzungsverhältnis von 1 : 2.82 den Ausgangspegel wieder erhöhen.

Dieses Verfahren macht es dann zwar möglich, + 30 dBu zu verarbeiten, jedoch ist der interne reale Pegel ja um ca. 9 dB niedriger. Da der Ausgangspegel dann durch den Ausgangsübertrager wieder um 9 dB erhöht wird, wird natürlich auch das Rauschen um 9 dB erhöht, wodurch die Dynamik natürlich nicht dem Wert entspricht, den man bei einer Aussteuerbarkeit von + 30 dBu vermutet, sondern dem Wert, der sich bei einer Aussteuerbarkeit von + 21 dBu ergibt. Wie schon eingangs erwähnt handelt es sich hier um eine Verschiebung und nicht um eine Vergrößerung des Dynamikbereiches.

Im Endeffekt sind die realen Verhältnisse sogar noch schlechter als in diesem Beispiel beschrieben. Während das Absenken des Pegels am Eingang keine nennenswerten Nachteile mit sich bringt, führt die Erhöhung des Ausgangspegel um fast 10 dB zu einigen Nachteilen. Da der Übertrager ein passives Bauteil ist, kann er natürlich keine zusätzliche Leistung bereitstellen. Ohne Berücksichtigung der eigenen Verluste des Übertragers ist die Ausgangsleistung gleich der Eingangsleistung. Erhöhen wir also durch Wahl eines Übersetzungsverhältnisses von z. B. 1 zu 3.16 den Ausgangspegel um 10 dB, so senken wir gleichzeitig den Ausgangsstrom ebenfalls um 10 dB ab. Legen wir am Ausgang des Übertragers einen Belastungswiderstand von z. B. 600 Ohm auf, so wird wegen der Regel Eingangsleistung = Ausgangsleistung, dieser Widerstand für den Ausgang des Verstärkers mit dem Quadart des Übersetzungsverhältnisses umgesetzt. Bei einem Übersetzungsverhältnis von 1 zu 3.16 heißt dies, dass der Belastungswiderstand von 600 Ohm auf ein Zehntel des Wertes, also 60 Ohm, herunter transformiert wird - ein harter Brocken für einen diskret aufgebauten Verstärker, der eine kleine Leistungsendstufe am Ausgang der Schaltung unabdingbar notwendig macht. Betrachtungen in Richtung 'Class A' werden damit illusorisch; die für eine Belastung mit 60 Ohm erforderlichen Ruheströme eine Class A Schaltung liegen so hoch, dass die Verlustleistung ohne Signal jedes einzelnen Ausgangs allein bereits im Bereich von 5 Watt liegt. Durch den kleinen Abschlußwiderstand entsteht zwangsläufig eine weitere Reduzierung des Aussteuerungsbereiches, die wiederum in einer Erhöhung des Übersetzungsverhältnisses resultiert. Ein solches Verfahren wird zwar irgendwie funktionieren, eine 'coole' Konstruktion ist dies aber in keinem Fall. Die bessere Lösung besteht darin, die Schaltung zu anzupassen, dass eine deutlich höhere Speisespannung möglich wird. Selbst bei dem rauschärmsten, denkbaren Verstärker ist jedes dB, dass durch eine Verringerung des internen Arbeitspegels verloren geht endgültig.

Will man höhere Ein- und Ausgangspegel verarbeiten als durch die Speisespannung möglich, so kommt man generell allerdings nicht um dieses Problem herum.

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